Warum ist der Lippenschluss für die Gebissentwicklung so wichtig?

Wie häufig kommt eine offene Mundhaltung (abgekürzt OMH) vor?

 Schauen Sie sich einfach einmal um. Sie werden zweifellos feststellen, dass viele Kinder (und auch Erwachsene) mit offenem Mund herumlaufen. Schätzungen belaufen sich darauf, dass ca. 50-60% der Kinder hauptsächlich durch den Mund atmen. Aussagekräftige Studien gibt es leider dazu nicht.

Dieses scheinbar harmlose Verhalten kann jedoch tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesundheit sowie die Entwicklung von Gesicht und Kiefer bei Kindern haben.

In unserem letzten Beitrag haben wir bereits die enge Verbindung zwischen Form und Funktion bei der Gesichts- und Kieferentwicklung beleuchtet. Dabei haben wir erläutert, welche Muskeln einen besonderen Einfluss ausüben. Heute möchten wir in diesem Kontext genauer auf die Bedeutung des Lippenschlusses eingehen. Warum ist er so entscheidend?

Einfluss der offenen Mundhaltung auf das Gesichts- und Kieferwachstum

Lippen sind viel mehr als nur eine ästhetische Komponente unseres Gesichts. Sie erfüllen eine entscheidende Funktion in Bezug auf unsere Zähne und unsere gesamte orale Entwicklung.

Der natürliche Verschluss der Lippen schafft eine Schutzbarriere, die unsere Zähne vor äußeren Einflüssen wie Stößen, Stürzen und Verletzungen schützt. Insbesondere die Schneidezähne, die vordersten Zähne in unserem Mund, sind gefährdet, wenn die Lippen dauerhaft geöffnet sind. Ein Lippenschluss verringert die Gefahr von Traumata an den Schneidezähnen erheblich (Studie von Madhavi Wig et al. „Lip incompetence and traumatic dental injuries: a systematic review and meta-analysis“). Unsere Lippen stellen gewissermaßen einen Airbag für unsere Zähne dar.

Zusammenhang von Lippenschluss und Zungenruhelage

 Ein weiterer bedeutender Aspekt ist, dass der Lippenschluss die Voraussetzung für die korrekte Zungenruhelage im Mundraum ist. Dieses mag auf den ersten Blick vielleicht nicht offensichtlich erscheinen, doch nur wenn die Lippen geschlossen sind und die Kinder durch die Nase atmen, kann die Zunge an ihre richtige Position – an den Gaumen (= Schlafplatz der Zunge).

Mundatmung hingegen führt automatisch zu einer Verlagerung der Zunge nach unten.

Wenn jedoch durch die Nase geatmet wird und die Lippen vollständig geschlossen sind, entsteht nach einmaligen Schlucken ein Unterdruck im Mundraum. Dieser Unterdruck (=Donder`scher Druck) zusammen mit der Zähigkeit des Speichels sorgen dafür, dass die Zunge leicht am Gaumen haften bleibt.

Die Zunge ist der Wachstumsmotor des Oberkiefers

Und wie Sie aus unserem Beitrag von September wissen, kann die Zunge bei einer richtigen Ruhelage ihre Aufgabe als Wachstumsmotor übernehmen und den Oberkiefer ausformen und in seiner Entwicklung fördern. Nur so erreichen wir kieferorthopädisch stabile Ergebnisse.

Und bitte nicht vergessen: Der Oberkiefer ist die Unterseite der Nase, d.h. großer Oberkiefer -> große Nasenbasis -> gute Atmungswege -> weniger oder gar kein Schnarchen später!!!!

Oberkiefer vor und nach der Erweiterung.

Wichtigkeit des Lippenschlusses

Insgesamt zeigt sich damit, dass der Lippenschluss viel mehr ist als nur eine Frage der Ästhetik. Er spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheit und die Entwicklung unserer Kinder.

Leider sind diese Zusammenhänge vielen nicht bewusst. Bitte erzählen Sie anderen Ärzten, Therapeuten und Eltern davon, denn der Mehrwert durch frühzeitiges Handeln ist gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Wie geht es weiter? Wie kann ich bzw. mein Kind Lippenschluss erlernen?

Falls Sie nun neugierig sind, wie man den Lippenschluss gezielt fördern kann, dann bleiben Sie gespannt! In einem unserer kommenden Blogbeitrage werden wir Ihnen erklären, was man tun kann, um den Lippenschluss zu trainieren.

Oder schauen Sie mal unter www.mykie-trainings.de, dort gibt es einen Webshop für Lippenschlusstrainings. Er ist noch nicht ganz fertig, aber für Kinder zwischen 6-12 Jahren stehen schon welche zur Verfügung.